Übersichtsarbeit der Universität Neuenburg (Schweiz) zeigt: Nicht-ionisierende Strahlung schädigt Insekten

Die Auswertung von 164 Studienergebnissen an Gliederfüsslern (v.a. Insekten) zeigt deutlich: Die schädliche Wirkung von nicht-ionisierender Strahlung auf Insekten gilt als nachgewiesen. Zur nicht-ionisierenden Strahlung gehören unter anderem Mobilfunkstrahlung sowie die Strahlung von Hochspannungsleitungen. Besonders der geplante massive Ausbau des Mobilfunknetzes auf 5G ist eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Ökosysteme und würde zum Insektensterben beitragen.

Experten der Universität Neuenburg erstellten im Auftrag des Bundesamts für Umwelt eine Übersicht der bisherigen Forschungsresultate zu den Auswirkungen von nicht-ionisierender Strahlung (NIS oder NI-Strahlung) auf Insekten, Spinnen und andere Gliederfüssler. Von den 164 Studienergebnissen lieferten 132 negative Effekte, das entspricht 80% aller Ergebnisse. Es ist das erste Mal, dass Wissenschaftler die bisher publizierte Studienlage zu den Auswirkungen von NI-Strahlung auf Gliederfüssler systematisch nach international anerkannten und bewährten Methoden untersuchen und bewerten.

Gravierende Auswirkungen von NI-Strahlung auf Insekten

In den untersuchten Studien wurden vor allem Insekten unterschiedlichen NI-Strahlungsquellen ausgesetzt. Die NI-Strahlung dringt in den Körper der Tiere ein und löst dort Prozesse aus, in vielen Fällen mit Folgen auf die Fortpflanzung, die Fortbewegung, das Verhalten, die Nahrungssuche und die DNA, d.h. des Erbguts. Diese Effekte traten überraschenderweise auch weit unterhalb der Grenzwerte auf.
Die Autoren der Universität Neuenburg ziehen in Betracht, dass die NI-Strahlung zusammen mit anderen schädlichen Umwelteinflüssen wie Klimaerwärmung und Pestiziden zum lokalen Aussterben mehrerer Arten führen und das „Insektensterben“ verstärken kann.

Schäden bei heute vorkommenden Strahlenbelastungen nachgewiesen

Die in den Studien eingesetzte NI-Strahlung umfasst die Abstrahlung von Stromkabeln, Smartmetern (0Hz – 100 kHz), Mobilfunksendern, WLAN sowie jene von anderen technischen Geräten (100 KHz – 6 GHz). Insgesamt zwölf Studien sind der Auswirkung von Millimeterwellen gewidmet (zukünftiges 5G, Radar 6 GHz – 300 GHz).
Die untersuchten Gliederfüssler wurden mit elektrischen Feldstärken von unter 5 V/m bis zu über 100 V/m bestrahlt. Bei allen Strahlungsintensitäten traten negative Gesundheitseffekte auf.

Zurzeit geht man davon aus, dass Schädigungen beim Menschen erst bei einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte eintreten. Diese liegen je nach Frequenz zwischen 32 V/m und 61 V/m. Zum Schutz von Insekten und anderen freilebenden Tieren jedoch gibt es in der Schweiz keine Grenzwerte! Dies ist höchst problematisch, weil die Strahlung in den Lebensräumen von Fluginsekten wie Bienen, Schmetterlingen und Hummeln, aber auch von Ameisen und Käfern bis zu 100 V/m betragen kann, Schäden aber bereits bei weniger als 5 V/m auftreten. Dies kann gravierende Folgen für Insekten und deren Nachkommen ebenso wie für alle insektenfressenden Vögel und andere Insektenfresser haben.

Die Autoren kommen zum Schluss: «Unsere Übersicht zeigt klar auf, dass Evidenz für die Wirkung von NIS auf Arthropoden bis zu 6 GHz bei gutem Verlässlichkeitsgrad auf die Fortpflanzung, Fortbewegung, Verhalten, Nahrungssuche und DNA-Schädigung vorliegt.» Einige Beispiele:

  • Fortpflanzung: Eine Studie kam zum Schluss, dass 44% weniger Bienen-Königinnen schlüpften, nachdem die Eier einer NI-Strahlung von weniger als 5 V/m ausgesetzt wurden.
  • Verhalten: 28 von 33 Studien berichten über Verhaltensänderungen, wie etwa die Veränderung im Rhythmus des Schwänzeltanzes von Bienen. Mit dem Schwänzeltanz zeigen Bienen ihren Artgenossinnen im Bienenstock den Weg zu Standorten von nektar-reichen Blüten. Verstehen die Bienen die Wegbeschreibung ihrer Artgenossinnen falsch, beeinträchtigt dies den Ertrag der Futtersuche, was Nahrungsmangel zur Folge haben wird.
  • Nahrungssuche: Ameisen, die einem Strahlungsfeld im Bereich der Mobilfunkfrequenzen ausgesetzt waren, fanden nicht mehr zu ihrer Nahrungsquelle zurück. Das berichtet eine weitere Studie.
  • DNA-Schädigung: In mehreren Studien wurden Veränderungen in der Brut, den Puppen und Eiern von Insekten festgestellt, die auch Mutationen (Veränderungen des Erbguts) und Schädigungen von Honigbienenlarven umfassen.

Studien zu 5G lassen noch Schlimmeres erahnen

Weil 5G drei Mal so viele Antennen wie 4G benötigt, würden sehr viel mehr Orte mit maximaler Mobilfunkstrahlung belastet als bisher. Dies wird zur grossen Gefahr für Insekten, denn: „Sollten sich die Wirkungen von NIS als gross und weit verbreitet erweisen, müssten wir mit einem Verlust an Biodiversität und einer Störung der Ökosysteme rechnen“ schreiben die Autoren der Übersichtsstudie. Zudem werden die hohen 5G-Frequenzen von Insekten viel stärker absorbiert.

 


Originalbericht (pdf): Wirkung von nichtionisierender Strahlung (NIS) auf Arthropoden – BAFU/Universität Neuenburg

Quelle Text: Verein Schutz vor Strahlung – Medienmitteilung: «Übersichtsarbeit der Universität Neuenburg zeigt: Nicht-ionisierende Strahlung schädigt Insekten»